Zitate aus dem Buch "Ehrlich Glauben" von Ulrich Eggers
Ich habe vor einiger Zeit das Buch "Ehrlich Glauben" von Ulrich Eggers entdeckt und gelesen. Ich bin so dankbar für dieses wunderbare Buch und empfinde sehr ähnlich wie Uli schreibt. Darum möchte ich einige Ausschnitte daraus mit euch teilen. Mögen sie euch auch so bereichern wie mich. Für mich war und ist es ein großes Geschenk zu wissen, dass ich nicht alleine bin mit meinen Gedanken und Empfindungen. Ich bin nicht die Einzige die sich nach Echtheit sehnt und, vielleicht, wenn wir uns noch mehr trauen echt und wahr zu sein,
kann eine ganz heilvolle Revolution entstehen. Ich würde mich so darüber
freuen! Jetzt lest selbst:
"Ein Coming-out, das den Glauben endlich zu etwas macht, bei dem wir erleben, worüber wir manchmal so vollmundig reden. Mit Charakter und Mut zur Schwäche. Als Dauersünder, Rückfalltäter und Gnadenkinder: Das ist das Coming-out, nach dem sich viele Christen sehnen. Ich lade Sie ein zum Fassadenstürmen! Es lohnt sich, ehrlichen Glauben einzuüben." (S. 8)
"Heute bin ich überzeugt: Christen und die christliche Gemeinde wollen wirklich ehrlich sein. Aber durch ihre hohen Ideal, die intensive Nähe des Gemeindelebens und den ständigen Predigtnachschub zum 'Soll' des Glaubens haben sie es besonders schwer, echt und ehrlich zu sein. Der Glaube biette gute Brutbedingungen für oberflächliche Fassadenpflege; Kirchen und Gemeindezentren sind - ungewollt und unerwünscht - fast so etwas wie Gewächshäuser für ein Doppelleben. Allerdings ist das keine negative Eigenschaft von Glaube und Kirche allein. Überall, wo hohe Ansprüche auf die allzu menschliche Wirklichkeit treffen, finden wir dieses Problem. Die Neigung zum <<Bedienen>> einer doppelten Wirklichkeit - zum Verschweigen, Anpassen, Lügen - scheint ein menschliches Grundproblem zu sein." (S. 12)
" 'Ehrlich glauben' heißt also für mich vor allem und zuerst: kongruent - innen und außen in möglichst hoher Übereinstimmung. Keine falschen Bilder an der Außenseite, die dem Inneren nicht entsprechen. Warum? Weil uns diese Spaltung zerstört - sie zerstört Beziehungen, Aufrichtigkeit, Integrität und Liebe. Sie zerstört mich selbst, weil ich am Ende als verwirrter Mensch übrig bleibe, der nicht mehr weiß, welchem Bild in seinem Leben er dienen muss: der mühsam errichteten Fassade - oder dem, was er wirklich denkt und fühlt?" (S. 14)
"Natürlich: Ich mache mir keine Illusionen. Im menschlichen Miteinander werden wir immer nur bis zu einem gewissen Grad 'wahr' leben - das, was innen ist, auch wirklich herauslassen. Und das ist nicht verkehrt - denn nicht alles, was innen lebt, gehört auch nach außen. Nicht alles, was man weiß, fühlt oder denkt, muss gesagt werden oder passt überall hin. Im Gegenteil: Manchmal kann unter dem Deckmantel des Aussprechens 'der Wahrheit' auch Machtstreben, Lieblosigkeit, Neid, Eifersucht oder Hass bedient werden. Das kann hier nicht gemeint sein - wir sollen unsere Zunge im Zaum halten und achtgeben darauf, was sie sagt. An dieser Stelle wird das Verschweigen 'meiner Wahrheit' zur Tugend. Die aber nicht dem großen Ziel widerspricht, ehrlich zu glauben, echt zu leben und wahr zu sein - innen und außen in möglichst hoher Übereinstimmung.
An einer Stelle aber können wir uns komplette Wahrheit und Wirklichkeit leisten - und an dieser Stelle ist sie sogar die Voraussetzung dafür, dass wir zur Fülle des Lebens und zu tiefem Glück und echter Dankbarkeit kommen: vor Gott. Vor ihm können wir nicht nur wahr sein, sondern müssen es sogar. 'Müssen' nicht in einem ultimativen Sinne, als ob er uns nicht mehr lieben würde, wenn wir nicht wahr sind - sondern in einem logischen, weil uns nur so die Wahrheit frei machen kann. Weil wir nur dann auf Fragen, Zweifel, Zorn, Angst, Sorgen und Klage Antwort finden können, wenn wir sie uns auch offen und ehrlich eingestehen und herauslassen. Gerade und vor allem vor ihm! Uns trauen, ganz und gar wir selbst zu sein - und uns von Gott erforchen zu lassen. 'Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz; prüfe mich und erkenne, wie ich's meine.' (Psalm 139, 23) (S. 14f)
Offensichtlich gibt es eine zweite Wirklichkeit: nicht geäußerte Kritik, gedachter Widerspruch, verdeckte Meinungsverschiedenheiten. Man hat sich nicht getraut - aber sieht die Dinge ganz anders. Tut allerdings so, als wäre man voll dabei. Nur auf dem Flur, da weiß man es besser. Manchmal geht es so weit, dass ich denke: Was die Leute wirklich denken, das hörst du oft nur in den Pausen! Warum? Weil man sich offensichtlich in der Sitzung nicht traut; seine persönliche Wahrheit nicht zumuten will. Vielleicht auch die politisch korrekte Antwort nicht mit zu viel echter und ehrlicher Meinung beschädigen möchte. Nur: wie tragfähig, wahr und echt ist eigentlich vieles, was wir auf unseren Sitzungen bereden und beschließen - wenn so viel Wirklichkeit erst in den Sitzungspausen zur Sprache kommt? Und: Wie sähe unsere christliche Wirklichkeit aus, wenn wir den Mut hätten, uns zuzumuten? Zu sagen, wie uns wirklich ums Herz ist? Und damit den - in Wirklichkeit ja betrogenen und irregeführten - Leitenden einer Sitzung die Chance gäben, tatsächlich um den besten Weg zu ringen - der ja keinesfalls der beste sein kann, wenn er nicht tatsächlich in die Wirklichkeit hineinspricht? Wahr sein verlangt Mut. Echtheit ist anstrengend. Und wir alle haben damit Mühe und versagen immer wieder. Aber: Wir dürfen uns nicht gewöhnen an Unwahrheit und Doppelleben.
(S. 26)
"Es ist nicht klug, sich als Bibelmuffel zu outen. Wir wissen, was 'political correctness' entspricht." (S. 35)
"Die meisten kennen das achte Gebot: 'Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten' (2. Mose 20,16). Eine umfassende Answeisung: Ich soll niemanden belügen. Das ist Klartext. Und umfasst auch so verborgene Lügen wie das So-tun-als-ob oder Anders-scheinen-als-man-ist. Ich soll kein falsches Zeugnis meiner oder einer anderen Wirklichkeit abgeben - egal, ob verbal oder durch Schweigen und Dulden. In der Bergpredigt in Matthäus 5,37 finden wir eine zugespitzte Anweisung Jesus; 'Eure Rede aber sei: Ja, ja; Nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel.' Wer diesen Satz durchdenkt und ein bisschen Lebenserfahrung hat, der merkt schnell, wie anspruchsvoll diese Aufforderung ist - und wie direkt sie in unser Thema hineinspricht. Wir sollen geradlinig sein, Wahrheit nicht biegen, anpassen, schönen oder je nach Situation und Interessenlage verändern. Und eben: kein doppeltes Bild dulden - wenn ja, dann ja. Wo nein, da nein. Nicht hier so - und dort so. Ein Doppelleben ist damit keine Option." (S. 36)
"(...) Zugleich staune ich immer wieder, wie gut die Bibel uns Menschen kennt. Religion zu einer äußerlichen Sache zu machen, bei der es darum geht, gut auszusehen und eine glänzende Fassade zu haben, scheint als Neigung tief in uns verwurzelt zu sein. Ich bin erstaunt, wie explizit und scharf uns die Bibel vor solch frommen Doppelleben warnt, wenn es in Matthäus 23, 27-28 heißt: 'Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr seid wie die übertünchten Gräber, die von außen hübsch aussehen, aber innen sind sie voller Totengebeine und lauter Unrat! So auch ihr: von außen scheint ihr vor den Menschen fromm, aber innen seid ihr voller Heuchelei und Unrecht.' Das ist schweres Geschütz - aber entspricht ziemlich genau auch der Situation in vielen christlichen Gemeinden heute: Menschen, die nach außen ganz anders scheinen, als sie innen sind. Frommes Doppelleben - eine übertünchte Fassade verbirgt die trübe Wirklichkeit meines Herzens, in dem meine wahren Gefühle, Ambitionen und Haltungen verborgen sind. Wenn das keine Aufforderung zum Echtsein ist - zu einem authentischen Leben, das nur eine Version von außen und innen kennt! (S. 37)
(...) Dabei ist die Beziehung zu Jesus immer auch eine Beziehung zur Wahrheit selbst. In Johannes 14,6 sagt Jesus über sich: 'Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.' Die Wahrheit als Person - Wahrheit, die Gemeinschaft mit mir will. Kurz vorher lesen wir in Johannes 8,31-32 auch etwas darüber, wie dieser Weg für uns Wirklichkeit werden kann: 'Wenn ihr bleiben werdet an meinem Wort, so seid ihr wahrhaftig meine Jünger und werdet die Wahrheit erkennen und die Wahrheit wird euch frei machen.' Gemeinschaft mit Jesus führt in die Wahrheit. Und - dieser Bibelvers ist einer meiner Lebensverse geworden: Die Wahrheit wird euch frei machen! Im engeren und weiteren Sinn ist dieser Satz eine der großen universellen Wirklichkeiten des Lebens - Weisheit, die Zeugnis davon gibt, dass hier unser Schöpfer redet. Der, der unseren Bauplan kennt und weiß, wie Menschen sind: Wahrheit macht frei! Unwahrheit macht unfrei!
Unglaublich wichtige Sätze, die ich in diesem Buch immer wieder neu durchbuchstabieren woll. Psychologie des Lebens, die die Bibel ganz handfest als eine Grunddynamik des Seins an verschiedenen Stellen beschreibt. Wie etwa in Psalm 32,2: ' Denn als ich es wollte verschweigen, verschmachteten meine Gebeine durch mein tägliches Klagen.' Es geht hier um einen Menschen, der sich oder andere betrügt - der Schuld verleugnet, nicht wahr lebt, seine Wirklichkeit verdrängt. Jeder Psychologe wird bestätigen, dass solch ein Verschweigen und Verdrängen zu psychosomatischen Erkrankungen führen kann: Auf Dauer 'verschmachten' wir daran - oder verschmachtet unser Glaube -, wenn wir nicht wahr und echt leben. Wenn wir unsere Wirklichkeit verdrängen und verschweigen. Ein Doppelleben macht krank, lässt meinen Glauben vertrocknen." (S. 39)
"(...) Magnus Malm hat diese revolutionäre Wahrheit in Worte gefasst: 'Jesus lädt uns in eine Beziehung ein - und eine Beziehung entsteht nicht dadurch, dass der eine Partner ausgelöscht wird'. Will sagen: Wir dürfen genau die sein, die wir sind - wir sind ein Gegenüber. Mit all dem, was uns ausmacht. Und wir dürfen das nicht nur, wir müssen es sogar: 'Jesus ist die Wahrheit, und er kann nur eine Beziehung zu dem haben, der wir wirklich sind, und nicht zu dem, der wir gerne wären.' Starke Sätze, pure Freiheit!
Sein, der ich bin. Echt sein. Die Bibel macht es ganz klar: Unser großes Ziel ist es, die Freiheit dieser unglaublichen Liebe und Annahme Gottes zu erfahren. Seine Liebe zu uns ist so unendlich und verlässlich, dass wir echt sein können. Und: Vollkommene Liebe treibt die Angst aus - Angst ist nicht in der Liebe (1. Johannes 4,18). Wenn Gott wirklich Gott ist, dann ist er unserer Wirklichkeit gewachsen. Verheimlichen und verbergen bedeutet deswegen immer auch, auf ihn und seine Möglichkeiten zu verzichten und an ihm vorbeizuleben. Wenn Gott wirklich Gott ist, dann ist seine Liebe vollkommen. Und deswegen stimmt der Satz: Es gibt nichts, was ich tun oder lassen könnte, das Gottes Liebe vermindert oder verstärkt. Ich kann ich sein."
(S. 40f)
"Unsere Gemeinde- und Gemeinschaftskultur gibt entweder Zeugnis für Jesu bedingungslose Liebe - oder sie vermittelt, dass wir eigentlich nur ein wie auch immer eingefärbtes frommes Biotop sind, an dessen heimliche Regeln man sich halten muss, um dazuzugehören." (S. 67)
"Ein Coming-out, das den Glauben endlich zu etwas macht, bei dem wir erleben, worüber wir manchmal so vollmundig reden. Mit Charakter und Mut zur Schwäche. Als Dauersünder, Rückfalltäter und Gnadenkinder: Das ist das Coming-out, nach dem sich viele Christen sehnen. Ich lade Sie ein zum Fassadenstürmen! Es lohnt sich, ehrlichen Glauben einzuüben." (S. 8)
"Heute bin ich überzeugt: Christen und die christliche Gemeinde wollen wirklich ehrlich sein. Aber durch ihre hohen Ideal, die intensive Nähe des Gemeindelebens und den ständigen Predigtnachschub zum 'Soll' des Glaubens haben sie es besonders schwer, echt und ehrlich zu sein. Der Glaube biette gute Brutbedingungen für oberflächliche Fassadenpflege; Kirchen und Gemeindezentren sind - ungewollt und unerwünscht - fast so etwas wie Gewächshäuser für ein Doppelleben. Allerdings ist das keine negative Eigenschaft von Glaube und Kirche allein. Überall, wo hohe Ansprüche auf die allzu menschliche Wirklichkeit treffen, finden wir dieses Problem. Die Neigung zum <<Bedienen>> einer doppelten Wirklichkeit - zum Verschweigen, Anpassen, Lügen - scheint ein menschliches Grundproblem zu sein." (S. 12)
" 'Es passt in unsere Utopie nicht hinein, dass das Menschliche so
schwer beherrschbar ist!' Man könnte auch sagen: Unser hohes Ideal,
unser akzeptiertes Soll des Lebens, passt so wenig zusammen mit der
Wirklichkeit, mit dem Ist-Zustand. Das Problem sind wir Menschen. Wir
funktionieren nicht so, wie wir es eigentlich wollen und sollen.
Anspruch und Wirklichkeit klaffen auseinander - und das wird immer dort
zum Problem, wo hohe Ideale laut und deutlich verkündigt werden." (S.
13)
" 'Ehrlich glauben' heißt also für mich vor allem und zuerst: kongruent - innen und außen in möglichst hoher Übereinstimmung. Keine falschen Bilder an der Außenseite, die dem Inneren nicht entsprechen. Warum? Weil uns diese Spaltung zerstört - sie zerstört Beziehungen, Aufrichtigkeit, Integrität und Liebe. Sie zerstört mich selbst, weil ich am Ende als verwirrter Mensch übrig bleibe, der nicht mehr weiß, welchem Bild in seinem Leben er dienen muss: der mühsam errichteten Fassade - oder dem, was er wirklich denkt und fühlt?" (S. 14)
"Natürlich: Ich mache mir keine Illusionen. Im menschlichen Miteinander werden wir immer nur bis zu einem gewissen Grad 'wahr' leben - das, was innen ist, auch wirklich herauslassen. Und das ist nicht verkehrt - denn nicht alles, was innen lebt, gehört auch nach außen. Nicht alles, was man weiß, fühlt oder denkt, muss gesagt werden oder passt überall hin. Im Gegenteil: Manchmal kann unter dem Deckmantel des Aussprechens 'der Wahrheit' auch Machtstreben, Lieblosigkeit, Neid, Eifersucht oder Hass bedient werden. Das kann hier nicht gemeint sein - wir sollen unsere Zunge im Zaum halten und achtgeben darauf, was sie sagt. An dieser Stelle wird das Verschweigen 'meiner Wahrheit' zur Tugend. Die aber nicht dem großen Ziel widerspricht, ehrlich zu glauben, echt zu leben und wahr zu sein - innen und außen in möglichst hoher Übereinstimmung.
An einer Stelle aber können wir uns komplette Wahrheit und Wirklichkeit leisten - und an dieser Stelle ist sie sogar die Voraussetzung dafür, dass wir zur Fülle des Lebens und zu tiefem Glück und echter Dankbarkeit kommen: vor Gott. Vor ihm können wir nicht nur wahr sein, sondern müssen es sogar. 'Müssen' nicht in einem ultimativen Sinne, als ob er uns nicht mehr lieben würde, wenn wir nicht wahr sind - sondern in einem logischen, weil uns nur so die Wahrheit frei machen kann. Weil wir nur dann auf Fragen, Zweifel, Zorn, Angst, Sorgen und Klage Antwort finden können, wenn wir sie uns auch offen und ehrlich eingestehen und herauslassen. Gerade und vor allem vor ihm! Uns trauen, ganz und gar wir selbst zu sein - und uns von Gott erforchen zu lassen. 'Erforsche mich, Gott, und erkenne mein Herz; prüfe mich und erkenne, wie ich's meine.' (Psalm 139, 23) (S. 14f)
Offensichtlich gibt es eine zweite Wirklichkeit: nicht geäußerte Kritik, gedachter Widerspruch, verdeckte Meinungsverschiedenheiten. Man hat sich nicht getraut - aber sieht die Dinge ganz anders. Tut allerdings so, als wäre man voll dabei. Nur auf dem Flur, da weiß man es besser. Manchmal geht es so weit, dass ich denke: Was die Leute wirklich denken, das hörst du oft nur in den Pausen! Warum? Weil man sich offensichtlich in der Sitzung nicht traut; seine persönliche Wahrheit nicht zumuten will. Vielleicht auch die politisch korrekte Antwort nicht mit zu viel echter und ehrlicher Meinung beschädigen möchte. Nur: wie tragfähig, wahr und echt ist eigentlich vieles, was wir auf unseren Sitzungen bereden und beschließen - wenn so viel Wirklichkeit erst in den Sitzungspausen zur Sprache kommt? Und: Wie sähe unsere christliche Wirklichkeit aus, wenn wir den Mut hätten, uns zuzumuten? Zu sagen, wie uns wirklich ums Herz ist? Und damit den - in Wirklichkeit ja betrogenen und irregeführten - Leitenden einer Sitzung die Chance gäben, tatsächlich um den besten Weg zu ringen - der ja keinesfalls der beste sein kann, wenn er nicht tatsächlich in die Wirklichkeit hineinspricht? Wahr sein verlangt Mut. Echtheit ist anstrengend. Und wir alle haben damit Mühe und versagen immer wieder. Aber: Wir dürfen uns nicht gewöhnen an Unwahrheit und Doppelleben.
(S. 26)
"Es ist nicht klug, sich als Bibelmuffel zu outen. Wir wissen, was 'political correctness' entspricht." (S. 35)
"Die meisten kennen das achte Gebot: 'Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten' (2. Mose 20,16). Eine umfassende Answeisung: Ich soll niemanden belügen. Das ist Klartext. Und umfasst auch so verborgene Lügen wie das So-tun-als-ob oder Anders-scheinen-als-man-ist. Ich soll kein falsches Zeugnis meiner oder einer anderen Wirklichkeit abgeben - egal, ob verbal oder durch Schweigen und Dulden. In der Bergpredigt in Matthäus 5,37 finden wir eine zugespitzte Anweisung Jesus; 'Eure Rede aber sei: Ja, ja; Nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel.' Wer diesen Satz durchdenkt und ein bisschen Lebenserfahrung hat, der merkt schnell, wie anspruchsvoll diese Aufforderung ist - und wie direkt sie in unser Thema hineinspricht. Wir sollen geradlinig sein, Wahrheit nicht biegen, anpassen, schönen oder je nach Situation und Interessenlage verändern. Und eben: kein doppeltes Bild dulden - wenn ja, dann ja. Wo nein, da nein. Nicht hier so - und dort so. Ein Doppelleben ist damit keine Option." (S. 36)
"(...) Zugleich staune ich immer wieder, wie gut die Bibel uns Menschen kennt. Religion zu einer äußerlichen Sache zu machen, bei der es darum geht, gut auszusehen und eine glänzende Fassade zu haben, scheint als Neigung tief in uns verwurzelt zu sein. Ich bin erstaunt, wie explizit und scharf uns die Bibel vor solch frommen Doppelleben warnt, wenn es in Matthäus 23, 27-28 heißt: 'Weh euch, Schriftgelehrte und Pharisäer, ihr Heuchler, die ihr seid wie die übertünchten Gräber, die von außen hübsch aussehen, aber innen sind sie voller Totengebeine und lauter Unrat! So auch ihr: von außen scheint ihr vor den Menschen fromm, aber innen seid ihr voller Heuchelei und Unrecht.' Das ist schweres Geschütz - aber entspricht ziemlich genau auch der Situation in vielen christlichen Gemeinden heute: Menschen, die nach außen ganz anders scheinen, als sie innen sind. Frommes Doppelleben - eine übertünchte Fassade verbirgt die trübe Wirklichkeit meines Herzens, in dem meine wahren Gefühle, Ambitionen und Haltungen verborgen sind. Wenn das keine Aufforderung zum Echtsein ist - zu einem authentischen Leben, das nur eine Version von außen und innen kennt! (S. 37)
(...) Dabei ist die Beziehung zu Jesus immer auch eine Beziehung zur Wahrheit selbst. In Johannes 14,6 sagt Jesus über sich: 'Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.' Die Wahrheit als Person - Wahrheit, die Gemeinschaft mit mir will. Kurz vorher lesen wir in Johannes 8,31-32 auch etwas darüber, wie dieser Weg für uns Wirklichkeit werden kann: 'Wenn ihr bleiben werdet an meinem Wort, so seid ihr wahrhaftig meine Jünger und werdet die Wahrheit erkennen und die Wahrheit wird euch frei machen.' Gemeinschaft mit Jesus führt in die Wahrheit. Und - dieser Bibelvers ist einer meiner Lebensverse geworden: Die Wahrheit wird euch frei machen! Im engeren und weiteren Sinn ist dieser Satz eine der großen universellen Wirklichkeiten des Lebens - Weisheit, die Zeugnis davon gibt, dass hier unser Schöpfer redet. Der, der unseren Bauplan kennt und weiß, wie Menschen sind: Wahrheit macht frei! Unwahrheit macht unfrei!
Unglaublich wichtige Sätze, die ich in diesem Buch immer wieder neu durchbuchstabieren woll. Psychologie des Lebens, die die Bibel ganz handfest als eine Grunddynamik des Seins an verschiedenen Stellen beschreibt. Wie etwa in Psalm 32,2: ' Denn als ich es wollte verschweigen, verschmachteten meine Gebeine durch mein tägliches Klagen.' Es geht hier um einen Menschen, der sich oder andere betrügt - der Schuld verleugnet, nicht wahr lebt, seine Wirklichkeit verdrängt. Jeder Psychologe wird bestätigen, dass solch ein Verschweigen und Verdrängen zu psychosomatischen Erkrankungen führen kann: Auf Dauer 'verschmachten' wir daran - oder verschmachtet unser Glaube -, wenn wir nicht wahr und echt leben. Wenn wir unsere Wirklichkeit verdrängen und verschweigen. Ein Doppelleben macht krank, lässt meinen Glauben vertrocknen." (S. 39)
"(...) Magnus Malm hat diese revolutionäre Wahrheit in Worte gefasst: 'Jesus lädt uns in eine Beziehung ein - und eine Beziehung entsteht nicht dadurch, dass der eine Partner ausgelöscht wird'. Will sagen: Wir dürfen genau die sein, die wir sind - wir sind ein Gegenüber. Mit all dem, was uns ausmacht. Und wir dürfen das nicht nur, wir müssen es sogar: 'Jesus ist die Wahrheit, und er kann nur eine Beziehung zu dem haben, der wir wirklich sind, und nicht zu dem, der wir gerne wären.' Starke Sätze, pure Freiheit!
Sein, der ich bin. Echt sein. Die Bibel macht es ganz klar: Unser großes Ziel ist es, die Freiheit dieser unglaublichen Liebe und Annahme Gottes zu erfahren. Seine Liebe zu uns ist so unendlich und verlässlich, dass wir echt sein können. Und: Vollkommene Liebe treibt die Angst aus - Angst ist nicht in der Liebe (1. Johannes 4,18). Wenn Gott wirklich Gott ist, dann ist er unserer Wirklichkeit gewachsen. Verheimlichen und verbergen bedeutet deswegen immer auch, auf ihn und seine Möglichkeiten zu verzichten und an ihm vorbeizuleben. Wenn Gott wirklich Gott ist, dann ist seine Liebe vollkommen. Und deswegen stimmt der Satz: Es gibt nichts, was ich tun oder lassen könnte, das Gottes Liebe vermindert oder verstärkt. Ich kann ich sein."
(S. 40f)
"Unsere Gemeinde- und Gemeinschaftskultur gibt entweder Zeugnis für Jesu bedingungslose Liebe - oder sie vermittelt, dass wir eigentlich nur ein wie auch immer eingefärbtes frommes Biotop sind, an dessen heimliche Regeln man sich halten muss, um dazuzugehören." (S. 67)
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